Die Due Diligence, die Private Equity noch immer unterschätzt: Human Capital

27/11/2025

Investor Insights | Beyond Capital

Die meisten Due-Diligence-Prozesse können Zahlen in nahezu unendliche Richtungen analysieren. Märkte, Modelle, Margen – alles wird mit großer Präzision zerlegt. Doch der entscheidende Faktor, ob all das später tatsächlich in Performance mündet – die Menschen, die liefern sollen – wird oft zuletzt, nur oberflächlich oder gar nicht geprüft. Hier liegt der stille Widerspruch in der Private-Equity-Welt: Financial DD zeigt Potenzial. Human Capital DD zeigt Realität. Und genau in diesem Zwischenraum geht am häufigsten Wert verloren.

Human Capital Due Diligence

Die Execution Gap, die kein Finanzmodell erkennen kann

Finanzielle Analysen zeigen, ob die Zahlen stimmen, und Commercial Due Diligence zeigt, ob der Markt attraktiv ist. Doch keine dieser Perspektiven beantwortet die zentrale Frage, ob eine Organisation überhaupt in der Lage ist, den Value-Creation-Plan umzusetzen – in dem Tempo, der Komplexität und dem Druck, den die Investment-These voraussetzt. Hier entsteht das unsichtbare Risiko. Deals scheitern selten an einer falschen Markteinschätzung, sondern daran, dass die Organisation nie für den Transformationsgrad ausgelegt war, den Private Equity erfordert.

HR-DD macht sichtbar, was Investoren sonst erst nach dem Closing schmerzhaft erkennen: die Stärke und Ausrichtung des Führungsteams, die Passung kritischer Rollen, die Qualität der Entscheidungsprozesse, die Tiefe der Nachfolge und die Veränderungsfähigkeit der Organisation. Sie zeigt etwas, das kein Finanzmodell abbilden kann: ob das Deal-Vehikel überhaupt den passenden Motor besitzt.

Führung zeigt sich unter Druck anders

Viele Management-Teams performen gut in stabilen Umfeldern. Doch Private Equity bietet selten Stabilität. Scaling, Restrukturierung, Integration und Professionalisierung – diese Drucksituationen zeigen Führungskompetenz deutlicher als jedes CV oder Persönlichkeitsprofil.

Deshalb betrachtet HR-DD Menschen nicht isoliert, sondern Führung unter Investitionsbedingungen. Die entscheidenden Fragen sind, ob Führungskräfte schnell entscheiden können, auch wenn Informationen fehlen, ob sie Teams hinter eine klare Richtung vereinen, ob sie konsequent priorisieren und ob sie mit Konflikten, Tempo und Ambiguität umgehen können, ohne Momentum zu verlieren. Das ist nicht „soft“. Das ist Execution. Und im PE-Kontext ist Execution die Strategie.

Schlüsselrollen entscheiden den Deal – lange vor dem Closing

Value-Creation-Pläne gehen oft davon aus, dass neue Strukturen automatisch neues Verhalten erzeugen. Die Realität ist weniger geduldig. Wenn kritische Rollen falsch besetzt, schlecht ausgerichtet oder nicht vorhanden sind, kann kein Plan greifen – unabhängig von der Qualität der Investment-These.

HR-DD macht genau jene strukturellen Engpässe sichtbar, die Deals entgleisen lassen: den CEO, der strategisch stark, aber nicht skalierbar ist; den CFO, der reportet, aber nicht steuert; den COO, der Stabilität liefert, aber nicht Transformation; den CTO, der Systeme verwaltet, aber nicht modernisiert; und ein mittleres Management, das operative Veränderung nicht absorbieren kann. Das Muster ist klar: Die meisten gescheiterten Deals scheitern nicht an der Strategie – sondern an der Führung.

Kultur macht Execution möglich – oder unmöglich

Kultur wird häufig als „weicher Faktor“ betrachtet, ist in Wahrheit jedoch das Betriebssystem der Umsetzung. Sie bestimmt, ob Strategien schnell oder zäh umgesetzt werden, ob Teams kollaborieren oder in Silos agieren und ob Verantwortung gelebt oder vermieden wird.

HR-DD zeigt, ob die Organisation die bevorstehende Transformation unterstützt oder sich ihr widersetzt. Eine fehlende kulturelle Ausrichtung erscheint nicht in der P&L, kostet aber jeden Tag Performance – durch langsame Entscheidungen, unklare Kommunikation und Resistenz gegenüber Veränderung. Im PE-Kontext potenziert sich dieser kulturelle Widerstand enorm.

Warum HR-DD zum Wettbewerbsvorteil wird

Steigende Bewertungen, engere Zeitfenster und höhere Erwartungen an operative Wertsteigerung erhöhen das Führungs- und Organisationsrisiko erheblich. Deshalb betrachten die besten Investoren HR-DD nicht als Formalie, sondern als strategische Due Diligence.

Leadership-Fähigkeit beantwortet die eine Frage, die darüber entscheidet, ob eine Investment-These die Realität übersteht: Kann diese Organisation den Plan tatsächlich liefern? Wie Martin Krill aus jahrzehntelanger Erfahrung in Transaktionen und Transformationen betont:
„Systeme, Strukturen und Strategie lassen sich nach dem Closing reparieren – aber ein Führungsteam, das nicht richtig für das Investment ist, lässt sich nicht reparieren. HR-DD ist kein People-Check. Es ist Wertschutz.“
Martin Krill, CEO, HAGER Executive Consulting

Hier liegt der stille Vorteil der Investoren, die HR-DD ernst nehmen: Viele optimieren das Modell. Die Besten optimieren die Menschen, die es umsetzen müssen.

Final Insight

Financial DD zeigt, was möglich ist. Human Capital DD zeigt, was realistisch ist. Und in Private Equity ist Realismus die Grundlage jeder Rendite. In einer Welt, in der Kapital, Strategien und Märkte immer vergleichbarer werden, wird Execution zum entscheidenden Differenzierungsfaktor – und Execution beginnt und endet mit Menschen.

HR-DD ist längst kein „Nice-to-have“ mehr. Es ist der Unterschied zwischen erwartetem und realisiertem Wert. Und Investor:innen, die das verstehen, vermeiden nicht nur Verluste – sie heben Potenziale, die andere übersehen.

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